IMO 2020: Goodbye, Schweröl

Mit der neuen Schwefel-Obergrenze begann 2020 für die maritime Industrie ein neues Zeitalter. Reeder müssen sich entscheiden: Compliant Fuel, Scrubber, LNG – oder von allem etwas? Ein Überblick.

 

Ein Meilenstein für die Schifffahrt und die Umwelt: Seit Januar 2020 darf der Schwefelanteil im Schiffstreibstoff weltweit maximal nur noch 0,5 Prozent statt bisher 3,5 Prozent betragen. Die neue SOX-Obergrenze ist Teil des MARPOL-Übereinkommens im Rahmen der IMO, in dem sich die maritime Wirtschaft zu Schwefelemissionsreduktion verpflichtet hat. Damit setzt die Weltschifffahrtsorganisation ihren grünen Kurs konsequent fort.

Die IMO-2020-Verordnung gilt für alle großen Schiffstypen, darunter Frachtschiffe, Tanker, Kreuzfahrtschiffe, Fähren und Offshore-Versorger. Nach Schätzungen der Klassifikationsgesellschaft DNV sind weltweit bis zu 70.000 Schiffe betroffen.

Low-Sulphur Fuel (LSFO)

Schiffseigner haben verschiedene Optionen, um die Anforderungen zu erfüllen. Die einfachste Variante ist der Umstieg auf Low-Sulphur Fuel (LSFO) oder hochwertigen Marinediesel (MGO) – also Kraftstoffe mit sehr niedrigem Schwefelgehalt. Ein bewährtes Verfahren: Bei der Einfahrt in ECA-Zonen wie Nord- und Ostsee, wo bereits seit 2015 nur noch 0,1 Prozent Schwefel im Treibstoff erlaubt sind, schalten Schiffe bereits seit vielen Jahren auf diese Sorten um. 

Scrubber

Das bislang gängige HSFO-Schweröl darf seit 2020 nur noch in Verbindung mit einem Abgasreinigungssystem (EGCS), einem „Scrubber“, genutzt werden. Solche Filteranlagen können den Schwefelausstoß um bis zu 99 Prozent reduzieren. Bei dem Verfahren werden die Abgase mit Meerwasser besprüht, das mit dem Schwefeloxid zu Schwefelsäure reagiert. Neben Schwefel filtern die Wäscher auch Feinstaub aus dem System. 

LNG

Bleibt als dritte Compliance-Variante noch die „große Lösung“ – also der Umstieg auf einen emissionsarmen Treibstoff wie LNG. Bei der Verbrennung des Flüssiggases fallen Schwefeloxide und Rußpartikel nahezu weg. Die Emission von Stickoxiden (NOX) reduziert sich um bis zu 80 Prozent, die von CO2 um knapp 30 Prozent. Um das auf –163 Grad Celsius heruntergekühlte Erdgas bunkern zu können, müssen die Schiffe mit einem speziellen Flüssiggastank und einem Dual-Fuel-Aggregat ausgestattet sein.

Mittlerweile hat sich der Flüssiggasantrieb als alternative und umweltfreundliche Technik bewährt, nicht nur bei Fähr- oder Kreuzfahrtschiffen. Auch im Containersegment nimmt das Thema LNG weiter Fahrt auf. Der 15.000-TEU-Frachter von Hapag-Lloyd hat auf einer Werft in Shanghai einen dualen Treibstoffmotor erhalten, der sowohl LNG als auch schwefelarmen Schiffsdiesel als Back-up verbrennen kann. Unter anderen hat Hapag Lloyd kürzlich den Neubau sechs weiterer LNG betriebener Großcontainerschiffe in Auftrag gegeben.

Wegen der hohen Nachrüstungskosten kommt der LNG-Umstieg bei kleineren Schiffssegmenten eher für Neubauten infrage. Ein Unsicherheitsfaktor bleiben die Bunkerkosten. Keiner vermag vorauszusagen, wie sich der LNG-Preis im Vergleich zu Marinediesel entwickeln wird. Hier spielen zahlreiche Marktfaktoren – etwa der Import von Flüssiggas aus den USA – eine Rolle. Während in Deutschland der Wettbewerb um einen nationalen LNG-Standort noch läuft, stehen in anderen EU-Ländern längst entsprechende Terminals. Immerhin gibt es hierzulande eine mobile Lösung. Mit der „Kairos“ hat die Schulte Group in einem Joint-Venture seit Kurzem das weltweit größte LNG-Bunkerschiff im Einsatz.